So mancher Trocki-Träger kann ein Lied davon singen: Das Anziehen einer solchen Hülle kann mühsam sein, stellenweise sogar nervig. Das Gezerre, bis der Kamin richtig sitzt. Das Herumzupfen an den Latexmanschetten, bis die endlich faltenfrei auf der Haut liegen. Das manchmal schmerzhafte Durchquetschen langer Haare durch die enge Kopföffnung. Im schlimmsten Fall noch Hosenträger, die man nach Murphys Gesetz beim ersten Anziehen grundsätzlich vergisst und an der Innenseite der Oberschenkel mit ins Hosenbein nimmt – woraufhin man den Trocki fluchend wieder auszieht und einen neuen Anlauf startet. Leider ist das meiste davon unvermeidbar – zumindest, solange man auf wildem Wasser oder weiter Wasserfläche unterwegs ist, bei einem unfreiwilligen Vollbad notfalls längere Zeit trocken bleiben will und das Bootsinnere in Zusammenarbeit mit einer Spritzdecke wasserfrei halten möchte.
Wenn man aber als Genusspaddler auf Wanderflüssen und Seen unterwegs ist, und das auch mal in der kalten Jahreszeit, kann man sich die ganze Mühsal sparen und sein Trockipaddler-Leben gemütlicher gestalten. Das gleiche gilt, wenn der fahrbare Untersatz ein Canadier ist, ein Packraft, ein Sit-on-top-Kajak oder ein SUP-Board. Für all diese Menschen kann man durchaus mehr Komfort wagen – und dieses Ziel hat Palm bei seinem neuen Trockenanzug namens Rogen konsequent verfolgt. Das fängt schon mit dem YKK-AquaSeal-Reißverschluss an, der auf der Frontseite diagonal von Schulter zur Hüfte verläuft. Für Solopaddler unabdingbar, aber eigentlich auch in Gesellschaft angenehm, wenn man nicht jedes Mal um Hilfe schreien muss, um seinen Trocki an- oder auszuziehen. Nun zählt zu den Argumenten für einen Rückenreißverschluss ja unter anderem, dass er die Bewegungsfreiheit weniger einschränkt. Aber dieses Argument lassen wir zumindest beim Palm Rogen nicht gelten: Die Bewegungsfreiheit ließ bei unseren Probe-Paddeleien nichts zu wünschen übrig, auch nicht mit Schwimmweste, und stand der vergleichbarer Trockis mit Rückenreißverschluss in nichts nach.
Konsequent komfortabel
Die Manschetten an Hals und Handgelenken sind beim Rogen aus einem superbequemen UltraStretch-Neopren. Mag sein, dass Latexmanschetten auf die Dauer wasserdichter sind. Aber für Genusspaddler, die unter kontrollierten Bedingungen unterwegs sind, und das in der Regel in Ufernähe, reichen Neoprenmanschetten. Und für die ist es eben schlicht und ergreifend angenehm, dass man den Rogen fast ebenso mühelos über Dickschädel und Handgelenke bekommt wie seinen Lieblingspulli. Ziemlich gemütlich also – so gemütlich, dass man diesen Trocki problemlos auch über längere Zeit tragen kann.
Auch das Problem mit den Hosenträgern hat Palm effektiv gelöst. Diese Strapsen sind ja eigentlich dazu gedacht, zu verhindern, dass der Trocki wie ein nasser Sack an seinem Träger hinab hängt. Statt Hosenträger hat Palm dem Rogen einen innen liegenden Neoprenbund verpasst – der ist beim Anziehen ruckzuck an Ort und Stelle und verhindert, dass die Gesäßpartie in den Kniekehlen hängt.
Ein paar Worte zu den Socken: Auch die sind beim Rogen aus einem Vier-Lagen-Material gefertigt und verfügen obendrein über eine Nylon 320D-Sohle. Man muss sich also keine Sorgen um die Dinger machen, auch wenn man mal ohne Trockenschuhe auf eine spitzen Ast tritt. Und dennoch gibt es an dieser Stelle einen kleinen Kritikpunkt – der allerdings für alle Trockenanzüge gilt, die ich bisher anhatte: Mir ist schleierhaft, warum Trockisocken immer das gefühlte Volumen einer Einkaufstüte haben müssen. Mir ist kein Mensch bekannt, der derart große Füße darin unterbringen müsste, auch nicht mit doppelten Lagen dicker Socken und/oder fluffigen Innenschuhen. Vielleicht, liebe Trocki-Hersteller, könnte man die Dinger ein wenig kleiner schneidern – zumal man sie ja, nach Möglichkeit ohne größere Faltkunst, noch in einem Trockenschuh unterbringen muss.
Noch ein paar Details in Kurzform: Der Rogen verfügt über 320D-Verstärkungen an besonders strapazierten Regionen an Beinen und Gesäß. Eine Tasche auf dem rechten Oberschenkel, ebenfalls mit YKK AquaGuard-Reißverschluss ausgestattet, erlaubt einen flotten Zugriff auf Kleinigkeiten. Eine praktische Position, da auch mit Schwimmweste problemlos erreichbar (außer natürlich, man verwendet eine Spritzdecke). Der Anzug ist aus zu 100 Prozent recyceltem Nylon gefertigt – ein Pluspunkt im Interesse der Natur. Und selbstverständlich ist er atmungsaktiv – kann diesen Vorteil aber logischerweise nur dann ausspielen, wenn die Kleidungslagen darunter ebenfalls atmungsaktiv sind.
Größenfrage
Wir waren mit dem Rogen an mehreren Tagen im Dezember 2022 und Januar 2023 auf dem Wasser – und freuten uns über seinen Tragekomfort, die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit und das »freie« Gefühl an Hals und Handgelenken. Bestellt hatten wir den Anzug für meine Person (170 Zentimeter Körpergröße) probehalber in den Größen MB und L. Dabei stellte sich heraus: MB sitzt wie angegossen – aber als an den wirklich eisigen Tagen neben dem Tsangpo-Unterzieher noch ein dicker Fleecepullover mit hinein sollte, wurde es ein wenig eng. Und da bei allen Paddeltrockis dieser Welt die »Unterschichten« für die eigentliche Kälteisolation sorgen, sollte man beim Trockikauf meiner Meinung nach im Zweifelsfall die größere der in Frage kommenden Varianten wählen.
Fazit: Der PALM Rogen ist ein enorm bequemer Trockenanzug für Wanderpaddler in Kajak oder Canadier, für Packrafter und Standup-Paddler. Und das nicht nur beim An- und Ausziehen, sondern während der gesamten Tragezeit. Daneben schützt er seinen Träger vor dem kalten Nass und mit den geeigneten Kleidungsschichten darunter auch gegen eisige Lufttemperaturen. Ein zuverlässiger Begleiter auf und neben dem Wasser – vom Herbst bis in den Frühling.
Technische Daten
Palm Rogen
Material: recyceltes, atmungsaktives 4-Lagen-Gewebe
Reißverschluss: YKK-AquaSeal-Front-Reißverschluss
Manschetten: UltraStretch-Neopren an Hals und Handgelenken
Socken: ja, doppelt verschweißt
Größen: XS, S, M , MB, L, LT, XL, XXL
Farbe: blau-grau
Gewicht: 1256 g (L)
Preis: 659,- Euro
Infos: palmequipmenteurope.com