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Gut gerüstet

Paddeljacke NRS Orion: Das Seekajaker-Topmodell des amerikanischen Herstellers schützt zuverlässig vor Wind, Wasser und Wellen. Ab 2023 ist es auch als Damenmodell zu haben.

Lars Brinkmann

Wer oft mit »einfacher gestrickten« Tourenjacken unterwegs ist, merkt den Unterschied schon beim ersten Anfassen: Das Material der Orion fühlt sich völlig unverwüstlich an, was die Jacke auch ein Stück weit schwerer macht. Klar, die vier Lagen des Jackenmaterials machen sich bemerkbar – und sie sind genauso stark, wie sie sich anfühlen: Auch nach vielen Stunden Regen, beim Rollen, bei einem Schwimmer oder dann, wenn Meer und Wind, Wellen und Gischt dem Paddler zusetzen, halten sie den Oberkörper trocken. Gleichzeitig sind sie atmungsaktiv – im Jackeninneren beim Schwitzen entstehender Wasserdampf wird zuverlässig nach draußen transportiert.

Es ist also völlig offensichtlich: Die Orion ist nicht für Paddler gedacht, die sich erst oberhalb von 25 Grad Außentemperatur, bei Ententeich-Bedingungen und nur für ein paar Stunden aufs Wasser wagen, um sich dort schon nach 30 Minuten nach einer Tasse Tee zu sehnen. Wer sich diese Jacke leistet (sie kostet offiziell immerhin 339,95 Euro), der möchte sich für stürmisch-raue Bedingungen rüsten. Für Paddeltouren, die lange andauern, herausfordernd sind und nicht nur entspannend.
Neben dem robusten Material spielt dabei die Kapuze eine Schlüsselrolle, der von den Designern bei NRS offensichtlich viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde: So ist sie voll einstellbar, mit zwei Kordelzügen unterhalb des Halses und einem am Hinterkopf. Mit einem Gesichtsschild kann man die Jacke bis zur Nase schließen und sich so vor Gischt und Spritzwasser schützen. Damit man dabei noch problemlos Luft bekommt, ist dieser Gesichtsschild mit Atmungslöchern ausgestattet. Und damit er nicht nervig am Kinn scheuert, verfügt er innen über eine weiche Fleeceschicht – schließlich brauchen selbst Seebären mal eine Streicheleinheit.

Nun ist aber das Meer auch bei Paddeltouren mit der Orion nicht immer schlechter Laune. Wenn sich Poseidon von seiner freundlicheren Seite zeigt, kann man den Frontreißverschluss öffnen, den Gesichtsschild zur Seite klappen und dort mit einem Druckknopf fixieren – so dass er dem Paddler nicht vor dem Antlitz herum flattert, wenn der Wind pustet. Zusätzlich ist die Kapuze so großzügig dimensioniert, dass auch ein Helm darunter passt. Nicht zu verachten, wenn man unter bröseligen Klippen paddelt oder in eine Höhle oder mit widrigen Verhältnissen beim Anlanden rechnen muss.

Wasser halt!

Kommen wir zu den weiteren Barrieren gegen eindringendes Wasser. An den Handgelenken bieten Latexmanschetten in Kooperation mit einer Lage Neopren darüber größtmöglichen Schutz. Am Hals hat NRS auf Latex verzichtet und setzt auf eine Manschette aus GlideSkin™-Neopren. Die ist zwar auf die Dauer nicht ganz so dicht, aber auf jeden Fall bequemer. Außerdem verursacht sie keine Scheuerstellen – schließlich können Seekajak-Touren sehr, sehr lange dauern.
An der Hüfte verfügt die Orion über einen Doppelkamin. Am meisten Sinn macht der im Verbund mit einer Trockenhose (bei NRS beispielsweise den Freefall-Pants, die seit vergangenem Jahr ebenfalls für die Damenwelt zu haben sind) und einer Spritzschürze – dann dürfte das Cockpitinnere auch nach mehreren Stunden Wind, Welle und Wasser von oben so trocken sein, dass man nach der Tour mit einem Staubtuch auswischen kann.

Vor Spritzwasser geschützt sind auch die beiden Taschen am Oberarm. Wer möchte, kann also durchaus seinen elektronischen Autoschlüssel oder sein wertvolles Smartphone dort unterbringen. Kann eigentlich nicht viel passieren, solange man kein unfreiwilliges Vollbad nimmt. Wer mit dieser Möglichkeit rechnet, sollte seine Wertsachen allerdings doch lieber an einer besser geschützten Stelle unterbringen – beispielsweise einem wasserdichten Packsack im Laderaum. Während des Jackentests probehalber in den Taschen untergebrachte Küchentücher überstanden zwei mehrminütige Untertauchphasen nämlich nicht wirklich trocken.

Bequemlichkeit

Übrigens, nicht dass hier der Eindruck entsteht, man habe es bei soviel robustem Schutz mit einer Art Ritterrüstung zu tun: Auf dem Wasser erwies sich, dass die Bewegungsfreiheit der Orion tadellos ist – und das auch bei ausholenden Paddelschlägen. Der Tragekomfort? Tja, der ist so, dass man es nach der Kajaktour durchaus nicht eilig hat, wieder aus der Jacke zu kommen. Und der Kälteschutz? »Schön warm«, meinte unsere Testpaddlerin, als sie nach der Probefahrt aus dem Boot kletterte. Anfang März, nur ein paar Grad über dem Gefrierpunkt.
Fazit: eine unverwüstliche Paddeljacke, die ihren Besitzer zuverlässig vor ruppigen Verhältnissen schützt – gleichzeitig aber mit jeder Menge Wohlfühlfaktor aufwartet. Das gute Stück ist zwar nicht ganz billig. Aber wer sich die Anschaffung leistet, stattet sich für einen enorm breiten Einsatzbereich aus: von der frühlingshaften Chiemsee-Tagestour bis hin zu wochenlangen Grönland-Expeditionen. Eine Investition für Jahre.

Technische Daten
NRS Orion

Material: 4-Layer Eclipse™
Halsmanschette: GlideSkin™-Neopren
Armmanschetten: Latex mit Neoprenschutz
Doppelkamin: ja
Kapuze: ja
Reflektoren: ja
Taschen: zwei, am Oberarm
Herrengrößen: S – XXL
Damengrößen: XS – XL
Farben: Herrenmodell rot, Damenmodell lime
Preis: 339,95 Euro
Infos: www.nrseurope.com