Deutschland

Paddelperle: Spree

Was macht eigentlich die Spree zwischen Lübben und Berlin? Nun, sie windet sich, sie krümmt sich, sie verästelt sich, sie verbreitert sich und manchmal strömt sie auch sanft dahin. Dabei firmiert sie als Hauptspree, Krumme Spree, Drahendorfer Spree, Müggelspree, auf kurzer Strecke sogar als Oder-Spree-Kanal. Falk Bruder stellt die Etappen, allesamt Teil des 144 Kilometer langen Wasserwanderweges Spreewald – Berlin, vor.

Der Spreewald genießt seinen Ruf als weitverzweigtes Wasserwanderparadies schon lange. Das gereicht ihm nicht allein zum Vorteil. Im Hochsommer ist der Spreewald derart überlaufen, laut und umtriebig, dass es einem Naturliebhaber dort kaum gefallen wird. Wer den Spreewald in seiner Ursprünglichkeit genießen möchte, kommt besser im Frühjahr oder im Herbst. Dann genießt man auf den unzähligen Kilometern Kanal, Graben und Fließ noch beinahe ungetrübten Naturgenuss.

Eine besonders nette Idee, den Spreewald kennenzulernen, ist das Spreewaldabzeichen. Cottbuser Kanuten haben das Konzept in Zusammenarbeit mit den Tourismusämtern des Spreewalds erarbeitet. Verteilt über den gesamten Ober- und Unterspreewald gibt es 16 Kontrollpunkte, die mit einer Lochzange versehen sind. Zahlreiche Stellen vor Ort, zum Beispiel Bootsvermieter und Campingplätze, geben für einen geringen Betrag Kartenskizzen, eine Beschreibung der anzupaddelnden Punkte und eine Kontrollkarte aus, die es entsprechend zu lochen gilt. Geübten Paddlern reichen drei, vier Tage, um die 15 Stellen für das goldene Abzeichen anzufahren. Sie lernen dabei alle lohnenswerten Bereiche des Biosphärenreservats kennen. Entsprechend weniger paddeln muss man für das silberne oder das bronzene Abzeichen.

Das Tor zum Unterspreewald heißt Lübben. Hier nimmt auch der Wasserwanderweg Spreewald – Berlin Fahrt auf. Verlässt man die Stadt spreeabwärts, taucht man nach einem kurzen Stück offener Landschaft bei Petkamsberg in den Wasserwald ein und erreicht so ein weitverzweigtes Kanalsystem. Hier empfehlen sich Ortskenntnis und/oder eine gute Karte. Zwar kommt auch der weiter, der sich von der sanften Strömung flussab spülen lässt, aber nicht jedes Fließ ist für Kanuten erlaubt und mancher Kanal führt an einer lohnenswerten Sehenswürdigkeit vorbei. Ist man eher auf Naturgenuss aus, empfiehlt es sich, dem Puhlstrom zu folgen. Wer aber die kulinarischen Genüsse Schlepzigs nicht verpassen will, muss sich auf der Hauptspree halten. Kurz vor Leibsch vereinigen sich Puhlstrom und Hauptspree, um sich gleich danach wieder zu teilen: Die linke Schleuse führt in den Dahme-Umflutkanal, wir nutzen die rechte Schleuse und bleiben auf der Spree.

Krumme Touren auf der Krummen Spree
Mit sanfter Strömung geht es dem Neuendorfer See entgegen. Wer keine Wanderfahrt von A nach B machen möchte, sondern ein Standquartier vorzieht, kann sich auf der Halbinsel Raatsch breitmachen und von dort aus auch Tagestouren spreeaufwärts starten, denn gegen die leichte Strömung kommt man mit etwas Durchhaltewillen gut an. Eine schöne Rundtour führt zum Beispiel an Neuendorf und Leibsch vorbei, Spree und Puhlstrom hinauf. Nach der Schleuse am Puhlstrom rechts halten und über die Wasserburger Spree nach Groß Wasserburg. Auf dem Randkanal erreicht man den Köthener See. Diesen kleinen, schilfumwachsenen See verlässt man über den Dahme-Umflutkanal und nach der zweimaligen Schleusung am Verteilerbauwerk bei Leibsch schließt sich die Runde und man ist rechtzeitig zum Sonnenuntergang wieder auf der Halbinsel Raatsch.

Da die Spree aber nicht nur Spreewald bedeutet und der Weg nach Berlin noch weit ist, verlassen wir den Neuendorfer See bei Alt Schadow. Den Ausfluss regelt eine bediente Schleuse an einem Nadelwehr, die täglich von 9 bis 19 Uhr jede volle Stunde ihre Tore öffnet und schließt. 

Die folgende Krumme Spree macht ihrem Namen alle Ehre und windet sich durch ein Landschaftsschutzgebiet. Hier ist das Ein- und Aussteigen nur an vorgesehenen Anlegeplätzen erlaubt. Erneut stellt sich eine Schleuse in den Weg, aber ein Knopfdruck und etwas Wartezeit ermöglichen eine vollautomatische Talfahrt. Diese Schleuse lässt sich auch pro-blemlos links umtragen. Nach der Brücke von Trebatsch weitet sich die Krumme Spree. Rechts führt der Sawaller Altarm zum Schwielochsee, dessen neun Kilometer Länge aber nicht durchfahren werden müssen, um den Campingplatz in Niewisch zu erreichen. Der liegt in nur drei Kilometern Entfernung und ist, wenn man sich entlang des Nordufers hält, auch leicht zu erreichen. Achtung bei Südwinden, da kann es schon etwas kabbelig werden. Eventuell ist eine Übernachtung auf einem nahen Biwakplatz trotz des fehlenden Komforts die bessere Alternative. Am anderen Morgen geht es das kurze Stück zurück und über den kleinen Glower und den Leißnitzer See wieder auf die Spree. Bis nach Beeskow ist es nicht allzu weit, nach längstens fünf Stunden Paddelzeit ist man dort angekommen und hat somit am Nachmittag Gelegenheit, die kleine Stadt zu durchstreifen. Beeskow bietet einiges an Kirchen, Kultur und Kommerz, aber auch gemütliche Cafés auf dem weitläufigen Marktplatz. Theodor Fontane wusste: »Beeskow ist halb so schlimm, als es klingt!«

Hotspot Hangelsberg
Nach der Beeskower Schleuse (Betriebszeiten täglich von 7 bis 21.30 Uhr – flussab zu jeder vollen, flussauf zu jeder halben Stunde) weitet sich die Spree kurz zum Oegelner See. Bei Neubrück gilt es dann, die Drahendorfer Spree zu finden. Die Fahrt über den kleinen See zum Neuhauser Speisekanal lohnt nicht: Hier fahren auch Motorboote zur Oder-Spree-Verbindung, denen man doch möglichst lang ausweichen möchte. Über die kleine Selbstbedienungsschleuse erreicht man die Drahendorfer Spree. Sie windet sich geruhsam durch das flache Land. Nach knapp elf Kilometern kommt man ans Drahendorfer Wehr, das sich links mit einer Bootsschleppe umgehen lässt. Am nächsten Tag hat die Idylle kurz Pause, denn es wartet der bereits erwähnte Oder-Spree-Kanal. Hier fahren leider auch Motorboote und Lastkähne nach oder von Berlin. Da tut es gut, in Fürstenwalde einen Stopp einzulegen. Schon kurz darauf geht es bei der Umtragestelle »Große Tränke« runter vom Kanal und auf die windungsreiche Müggelspree – ein herrliches Stück Natur.

Dreh- und Angelpunkt für Kanufahrer ist hier der Paddelpark in Hangelsberg. Hier betreibt KanuSport Spree eine Vermietstation und bietet nebst ausreichend Zeltfläche auch stilvolle Unterkunft in Tipis oder in einer mongolischen Jurte. Auch Massenlager oder komfortable Zimmer sind möglich. Wochenend- oder Tagestouristen landen an oder legen ab, hier ist in der Saison immer was los. Eine Empfehlung für das Abendessen ist die Wirtschaft »Zum Hangelwirt« am Bahnhof. Auf der Speisekarte findet man leckere Hausmannskost, der Wirt ist gesprächig und hat seinen eigenen Charme. Wer den Weg zu den Toiletten aufsucht, kommt unweigerlich an der Ehrengalerie im Flur vorbei. Dort ist zu erkennen, dass auch Kanusportgrößen aus dem nahen BLZ Kienbaum beim Hangelwirt die verbrauchten Kohlehydrate nachfüllen. 

Zurück am Paddelcamp gibt es morgens den ersten Kaffee bei Mandy, die dort das kleine Café betreibt. Frohen Mutes bricht man zur letzten Etappe Richtung Erkner auf, eines der Filetstückchen des Wasserwanderweges. Kurvenreich windet sich die Müggelspree Berlin entgegen. Einige Altarme sind wieder an den Lauf des Gewässers angeschlossen, die vorgeschriebene Fahrtroute ist ausgeschildert. Lauschige Ecken gibt es zu entdecken, im Sommer locken schöne Badeplätze unter schattigen Uferbäumen. Kühe glotzen dem Kanufahrer stumm wiederkäuend nach. Natur pur direkt vor den Toren der Millionenstadt Berlin. Erst die Autobahnbrücke der A 10, Teil des Berlin -umspannenden Autobahnrings, übernimmt den Kniff, der einen zurück in die Realität bringt. Gleich danach lohnt sich
  ein kurzer Einkehrschwung am Campingplatz Jägerbude. Im Biergarten tankt man noch etwas Flüssigkeit für das letzte kurze Teilstück der langen Fahrt vom Spreewald bis vor die Tore Berlins. Denn erst am Ausstieg auf dem Dämeritzsee am Steg von KanuSport Erkner ist wieder etwas zu bekommen. Aber dann hat man es auch geschafft.

Oder? Mitnichten! Wer nämlich mehr als eine Woche Zeit hat und wen die Lust nach weiteren Paddelkilometern treibt, der kann im Boot sitzen bleiben und auf dem Wasserweg die Bundeshauptstadt erreichen. Anschließend paddelt man dann über die Märkische Umfahrt in den Unterspreewald zurück, wo das Auto wartet oder von wo aus einen die Deutsche Bahn wieder nach Hause bringt. Berlin gilt nicht umsonst als Paddelhauptstadt Deutschlands.