Deutschland

Paddeln durchs Weltkulturerbe

»Venedig des Nordens«, so wird Bamberg auch genannt. So wie ein rundes Dutzend weiterer Städte, die von Wasserwegen geprägt werden. In der Tat gibt es hier ein malerisches Viertel namens Klein Venedig. Dennoch gefällt die Titulierung Kanutouren-Anbieter Reimund Frank nicht so gut. Sie lenke von den wahren Besonderheiten seiner Heimatstadt ab, sagt er. »Bamberg und die Lebensart der Regnitz« wäre viel treffender gewesen. Die Regnitz sei nämlich zuerst da gewesen, habe Bamberg mit dem Mühlenviertel, dem Fischerviertel, dem alten Hafen und dem Schiffbauplatz geprägt. Genauer gesagt, gibt es in Bambergs Altstadt gleich fünf Gewässer: Nach Nordosten wird sie begrenzt von Rechtem Regnitzarm und Main-Donau-Kanal, nach Südwesten vom Linken Regnitzarm. Von letzterem zweigen zwei kleinere Fließgewässer ab: Hollergraben und Alter Kanal, die beide für die Planung einer Bamberg-Paddeltour eine große Rolle spielen.

Unsere Tour beginnt und endet im Süden der Altstadt. Hier befindet sich das Vereinsgelände des TSG 05 Bamberg. Vorteile dieses Startpunkts: ein großer Parkplatz, eine Vereinsgaststätte mit bodenständiger Küche – und eine Einsetzstelle nach dem Jahn-Wehr, womit man sich schon mal eine der Umtragestellen dieser Tour erspart. Zunächst führt der Weg in etwa Richtung Süden. Am rechten Ufer erstreckt sich der Luisenhain. Bald kommt voraus der Stadtteil Bug ins Blickfeld. Wer hier weiter flussaufwärts paddelt, erlebt eine herrliche Flusslandschaft. Wir aber machen eine Wende um fast 180 Grad und biegen in den Linken Regnitzarm ein, Kurs auf die Altstadt. Auch dieser Regnitzarm wurde einst künstlich geschaffen, um Bambergs Mühlen mit Wasser zu versorgen. Kuriosum: Die Erbauer haben den Flussgrund mit Kopfsteinen gepflastert, um ihn zu stabilisieren und eine Verlandung zu verhindern. »Im Sommer tauchen meine Gäste hier manchmal mit der Tauchermaske ab, um sich davon zu überzeugen«, sagt Reimund und lächelt. Trotzdem hat man immer noch den Eindruck, durch eine naturbelassene Landschaft zu paddeln. Doch bald erinnert die Betonbrücke der B22 daran, dass wir uns einer Stadt von knapp 80.000 Einwohnern nähern. Darunter zweigt der Hollergraben rechts ab. Wer ihm folgt, stößt bald auf eine Fischtreppe, die in engen S-Kurven bachabwärts führt. Auch im restlichen Hollergraben kann es etwas sprudeln, und Bäume können quer liegen – das Ganze ist eine Option für kurze Kajaks und Paddler mit etwas Erfahrung.

Die »üblichen« Bamberg-Touren folgen also weiter dem Linken Regnitzarm. Und zwar so lange, bis das Mühlenviertel voraus in Sicht kommt. »Die Mühlen waren früher eine große Erleichterung für das Handwerk«, erzählt Reimund, der seine Kunden gern mit historischen Fakten und Anekdoten begeistert. Mindestens 40 Mühlen habe es hier früher gegeben.

Doch auch wenn die Weiterfahrt bei diesem malerischen Anblick noch so verlockend wäre: Im Mühlenviertel verengt sich der Fluss, nimmt kräftig Strömung auf und ist definitiv nicht mehr befahrbar. »Es hat hier schon schlimme Unfälle gegeben«, sagt Reimund. Paddler MÜSSEN also, etwa 50 Meter bevor sie die gelbe Barockfassade der Villa Concordia am linken Flussufer erreichen, nach rechts in den Alten Kanal abbiegen. Und doppelt aufpassen, denn von April bis Oktober führt hier eine Seilfähre über den Fluss. An der Einfahrt zum Kanal liegt allerdings die historische Schleuse 100. Kanuten haben hier zwei Möglichkeiten: Wer individuell unterwegs ist, legt unmittelbar nach der Abzweigung des Kanals, hinter dem Fähranleger an einer Rampe rechts an, umträgt die Schleuse und setzt danach in den Kanal ein. Teilnehmer der Touren von Reimund Frank können sich diese Mühe sparen und werden geschleust.

Nun folgt der spektakulärste Teil der Tour: Der Alte Kanal führt mitten durch die Altstadt von Bamberg. Malerische, mittelalterlich geprägte Bauten dominieren das Bild, Nonnenbrücke und Brucknersteg überspannen das Gewässer. Vorbei geht es an Schloss Geyerswörth, am ehemaligen Hafen »Am Kranen« und am alten Rathaus. Kurz darauf vereint sich der Alte Kanal wieder mit dem Linken Regnitzarm – Achtung, ab hier gibt es Schiffsverkehr. Am rechten Flussufer erstreckt sich nun die ehemalige Fischersiedlung Klein Venedig, kleine Fachwerkbauten mit Balkonen und winzigen Vorgärten direkt am Ufer. Gegenüber thront auf dem Domberg der majestätische Kaiserdom. Kurz danach wird der Michaelsberg von der imposanten Klosteranlage St. Michael gekrönt. Klein Venedig endet bei der Markusbrücke. Etwa 200 Meter nach dieser Brücke bietet sich an der Straße namens Schiffsbauplatz ein Ausstieg an. In etwa 200 Meter Entfernung gibt es nämlich an der Kongresshalle einen Taxistand – die Fahrt zurück zum Ausgangspunkt kostet etwa 15 Euro.

Reimund beendet die Tour üblicherweise hier. Man kann Bambergs Altstadt aber auch komplett umrunden. Wer weiter paddelt, gelangt nach etwa einem Kilometer zur Friedensbrücke. Voraus befindet sich das ERBA-Kraftwerk, das nur schwer zu umtragen ist. Also muss man bei der Friedensbrücke rechts aussteigen und sein Boot durch den Erba-Park befördern, ein großer Park mit Wasserspielplatz und gutem Café – bis hin zum Bamberger Faltbootclub am Rechten Pegnitzarm. Allerdings: Die Portage-Distanz beträgt rund 500 Meter – wer einen Bootswagen hat, ist klar im Vorteil.

Nun geht es auf dem Rechten Regnitzarm wieder Richtung Südosten. Auf dem Weg liegen mehrere Brücken: Nach der fünften, der Marienbrücke, trennt eine Spuntwand den Rechten Regnitzarm vom Main-Donau-Kanal, die nun parallel zueinander fließen. Kanuten wählen die rechte Alternative und folgen dem Regnitzarm. Bald danach trennt die Spitze der Jahnwiese Kanal und Fluss, unmittelbar darauf folgt die Heinrichsbrücke. Rechterhand erstreckt sich nun wieder der Luisenhain. Schon bald am linken Ufer in Sicht: das Vereinsgelände des TSG 05 Bamberg. Voraus das Jahn-Wehr, an dem die Tour begonnen hat. Und nun endet: Vor dem Wehr führt eine steile Treppe zurück zu Parkplatz und Auto.

Reiseinfo Bamberg

Ein-/Ausstieg: Vereinsgelände des TSG 05 Bamberg, nach dem Jahn-Wehr in den Rechten Regnitzarm. Adresse fürs Navi: Galgenfuhr 30, Bamberg. Ausstieg vor dem Wehr. Alternativer Ausstieg für eine abgekürzte Tour: Schiffsbauplatz bei der Konzert- und Kongresshalle (Taxistand).
Länge der Tour: ca. neun Kilometer (abgekürzte Tour etwa fünf Kilometer)
Geführte Kanutouren: Reimund Franks »Kanutouren Bamberg« bieten die beschriebene Kultur-Tour an, Fahrzeit etwa drei Stunden. Außerdem längere Touren mit Natur und Kultur, Vier-Jahreszeiten-Fahrten sowie Touren für Kindergärten, Schulen und Kindergeburtstage. Tel. +49-(0)951-2 97 14 79, www.kanutouren-bamberg.de.
Unterkunft: zahlreiche Hotels und Pensionen in Bamberg und Umgebung. In der wärmeren Jahreszeit bietet sich der Campingplatz Insel an, der südlich von Bamberg direkt an der Regnitz liegt – ein perfekter Ausgangspunkt für Paddeltouren nach Bamberg (www.campinginsel.de).
Weitere Infos: www.bamberg.info

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