Ausrüstung Einzeltests

Mit Leichtigkeit!

Das Grabner Holiday 2: nach wenigen Minuten startklar, einfaches Handling und gute Performance auf dem Wasser, alleine oder zu zweit paddelbar. Und gebaut aus unverwüstlichem Naturkautschuk.

Lars Brinkmann

Komfortable Tagestouren und Kurzausflüge sind das Metier des Holiday 2. Wochenlange Expeditionen durch schwedische Schären sind es nicht. Wildes Sprudelwasser ebenfalls nicht. Mit diesem anscheinend simplen Einsatzprofil verbindet sich eine gar nicht so simple Herausforderung an den Bootsbauer. Natürlich soll so ein »Ausflugsboot« über eine gute Performance auf dem Wasser verfügen. Gleichzeitig möchte sich aber ein Paddler, der nur ein paar Stunden auf dem Wasser unterwegs ist, vor seiner Spritztour nicht lange plagen. Und das weder beim Transport noch beim Aufbau. Muss er auch nicht mit dem Holiday 2. Das Boot wiegt nur 17 Kilogramm und kommt mit einem praktischen Rucksack, der sogar über Rollen verfügt. Was den Aufbau betrifft, ist der laut Grabner in sechs Minuten erledigt. Mag sein, dass man sich dafür ein bisschen sputen muss, aber mehr als zehn Minuten waren es bei unserer Testfahrt tatsächlich nicht – und wir haben das Boot dabei zum ersten Mal »betriebsbereit« gemacht. Übung macht bekanntlich den Meister, also sind die sechs Minuten vermutlich tatsächlich in Reichweite.

Dieser flotte Aufbau geht folgendermaßen vonstatten: Bootshaut ausrollen, dann Boden und Seitenwände erstmal etwa bis zur Hälfte des gewünschten Drucks aufblasen. Sodann den oder die Stemmbügel an den richtigen Stellen zwischen Boden- und Seitenwänden verkeilen. Nun voll aufblasen, solange bis überschüssige Luft aus den Überdruckventilen entweicht. Danach als Solopaddler einen Sitz in der Mittelposition fixieren, für den Einsatz als Duett je einen vorne und hinten, dann kann es auch schon losgehen.

Wohlfühlfaktor

Als Testgewässer haben wir die Pegnitz gewählt. Nicht ganz ohne für ein Schlauchboot, denn dieser Fluss sprudelt mit teils flachem Wasser und flotter Strömung über reichlich Steine – Grundberührung ist also vorprogrammiert. Außerdem geht es das eine oder andere Mal mit etwas Schwung durch enge Kurven. Aber beginnen wir von vorne.

Kaum sitzt man im Boot, fällt der Komfort der Sitze auf. Die verstärkte Rückenlehne entlastet den Oberkörper und sorgt dafür, dass man sich ruhigen Gewissens mal anlehnen und das Gesicht in die Sonne halten kann. Gleichzeitig hält die erhöhte Polsterung den Hinten trocken, auch bei Spritzwasser im Boot. Wobei davon nicht allzu viel eindringt – dafür sorgen schon die hohen Seitenwände.

Der Sitzabstand ist einstellbar für eine (Sitz in Mittelposition) oder zwei Personen bis etwa 176 Zentimeter Körpergröße. Für höher aufgeschossene Menschen empfiehlt sich eher das um einen Meter längere Holiday 3. Das bietet genügend Platz für längere Stelzen – und lässt sich alternativ für drei Personen aufrüsten. Ein Wort noch in Sachen Platz: Das Holiday 2 ist nicht dafür gedacht, Übernachtungsgepäck mitzuführen. Aber ein bisschen was hat man ja meist doch dabei: Wechselklamotten, Proviant, Straßenschuhe, die für die Dauer der Tour irgendwo hinmüssen. Und ein größerer Packsack ist im Holiday 2 irgendwie im Weg und nervt früher oder später im Fußraum. Daher folgender Tipp: Es gibt im Grabner-Sortiment diese dreieckigen Trockentaschen, die genau in Bug und/oder Heck passen. Eine gute Idee für Besitzer des Holiday 2.

Die so befreiten Füße finden Halt an den soliden Stemmbügeln, die obendrein das Wegrutschen verhindern und die Kraftübertragung unterstützen. Schön, dass sie im Serienumfang enthalten sind. Bei ganz gemütlicher Wanderpaddelei sind sie wohl entbehrlich.

Der nächste Pluspunkt in Sachen Wohlfühlfaktor: Die flache Bodenkonstruktion führt zu einer angenehmen Kippstabilität. Zwar gibt es Boote im Grabner-Sortiment, die noch bombenfester auf dem Wasser liegen, aber auch im Holiday 2 dürften sich Einsteiger auf Anhieb so sicher fühlen wie auf dem heimischen Sofa.

Steinkontakt und Sprudelwasser

Aber genug der Vorrede, los geht’s. Sobald die Paddel die ersten Male ins Wasser getunkt wurden, fällt auf, dass das Boot flott Fahrt aufnimmt und mit guten Gleiteigenschaften punkten kann. Wen wundert’s, bei der schnittigen Form und dem geringen Gewicht. Beim Einsatz mit Solo-Paddler erwies sich, dass das Holiday 2 prompt und präzise auf die Paddelkommandos reagiert. Bei der Nutzung durch zwei Paddler hängt das natürlich von den Fähigkeiten des Duetts ab, ihre Aktionen mit dem Handwerkzeug zu koordinieren. Grabner empfiehlt in diesem Fall die Nutzung der optionalen Steueranlage (der entsprechende Heckbeschlag mit dem praktischen Einsteckteil gehört zur Serienausstattung) mit den Worten: »Wenn Sie zu zweit paddeln, ist das Kajak mit der Steuervorrichtung einfacher zu steuern. Strömung, Wellen und Wind werden so einfach ausgeglichen, ohne dass Sie mit den zwei Doppelpaddeln koordiniert steuern müssen.«

Klar, eine Steueranlage macht das Paddlerleben (noch) einfacher. Und doch: Wenn die beiden Insassen halbwegs aufeinander abgestimmt paddeln können, braucht man dieses Extra nicht unbedingt – auf der Pegnitz ging es jedenfalls auch ohne, ohne dass wir auch nur einmal der Böschung ungewollt zu nahe kamen oder von der Strömung verweht wurden.

Wenn man nicht kurven will, läuft das Boot ohne Zickereien geradeaus – was vor allem an den Längsriefen im Unterboden liegt.

Wie auf der Pegnitz vorherzusehen war, passierten wir flache Stellen mit etwas Sprudelwasser. Mehrmals schrappte das Boot dabei über Steine (Äste und Baumstämme blieben ihm erspart). Ein Blick nach der Fahrt auf den Bootsoden offenbarte: kein Problem für die solide Bootshaut. Noch nicht einmal eine Schramme. Und wenn doch mal etwas passiert, lässt sich die Bootshaut mühelos flicken. Und: Grabner bietet sieben Jahre Garantie auf die Bootshaut, die übrigens aus für Nachhaltigkeit zertifiziertem Naturkautschuk besteht

Der Bug nahm die gelegentlichen Steinrempeleien ebenfalls kommentarlos hin, was allerdings von vornherein klar war – angesichts der kräftigen Kunststoffleisten, die ihn verstärken wie der Rammbock bei einem antiken Kriegsschiff (naja, fast).

Ganz von alleine

Nun soll es ja Leute geben, die auf dem Wasser gar nicht körperlich arbeiten wollen und obendrein meist auf Gewässern unterwegs sind, die jede Strömung und somit jede Mithilfe beim Antrieb verweigern. Dieser Klientel bietet Grabner die Möglichkeit eines Elektromotors. Damit schnürt man dann tatenlos dahin, kann währenddessen ein Stück Kuchen essen – und saust bei der Höchstgeschwindigkeit von zehn Stundenkilometern maximal zwei Akkustunden lang übers Wasser. Neun Akkustunden sind es bei einer gemütlicheren Marschgeschwindigkeit von fünf Stundenkilometern. Letztere schafft man im Grabner Holiday 2 allerdings auch ohne Motor. Bloß das mit dem Kuchen essen klappt dann nicht mehr.

Fazit: Das Grabner Holiday 2 ist geschaffen für Tagestouren und Kurzstrecken auf halbwegs zahmen Flüssen, Seen und geschützten Meeresbuchten. Für diesen Zweck bietet es maximalen Komfort und einfachstes Handling. Nicht nur während der Paddeltour, sondern auch davor oder danach, wenn man schon nach wenigen Aufbauminuten loslegen kann und der Packsack nach vollbrachter Tat mühelos im Kleinwagen-Kofferraum verschwindet.

Technische Daten

Grabner Holiday 2

Länge außen: 395 cm

Länge innen: 230 cm

Breite außen: 75 cm

Breite innen: 43 cm

Luftkammern: 3

Gewicht: 17 kg

Nutzlast: 190 kg

Material: 1100 dtex EPDM-Kautschuk

Packmaß LxBxH: 55 x 35 x 20 cm

Personen: 1-2

Gepäckraum Bug/Heck: 15 l / 25 l

Betriebsdruck: 0,3 bar

Farbe: schwarz-rot

Preis: 2390,- Euro

Infos: www.grabner.com

Lieferumfang: Bootshaut, zwei Kajaksitze, zwei Stemmbügel, Überdruckadapter, Reparaturset

Optional: Spritzdecke für eine bis zwei Personen (bis zu drei beim Holiday 3), Steueranlage, Elektromotor