Ausrüstung Einzeltests

Leichtes Spiel

Immer dabei und allzeit bereit für Land-Wasser-Unternehmungen – nichts weniger verspricht der Einsatz eines Packrafts. Wir haben dem minimalistischen Rucksackboot Nano RTC von Anfibio Packrafting auf den Zahn gefühlt.

Margareta Macht & Alan Klee

Ist es nicht verlockend, nahezu jedes den Weg kreuzende Gewässer eigenständig und trockenen Fußes befahren zu können? Das erscheint vor allem in solchen Gegenden sinnvoll, die von Seen, Flüssen oder Fjorden durchzogen sind, eröffnet aber auch hierzulande ganz neue Optionen. Möglich wird das mit einem kompakten Immer-dabei-Packraft.
Geringen Platzbedarf im Gepäck verspricht ein Packraft ja schon per Definition, aber auch im Reigen der Rucksackboote gibt es eklatante Größenunterschiede. Und hier darf das Anfibio Nano getrost als Benchmark für niedriges Gewicht und minimales Packmaß bezeichnet werden – aber auch der Preis ist attraktiv.

Gepäck in den Schläuchen

Mit 399 Euro ist das Mini-Boot verhältnismäßig günstig, verzichtet auf Sonderausstattung und ist mit nachgewogenen 920 Gramm im Gegenzug extrem leicht. Dazu summieren sich der Blase-Sack (wiegt fast nichts) oder alternativ die kompakte Luftpumpe (120 Gramm). Beides funktioniert gut, wobei die Sack-Variante natürlich weniger fehleranfällig ist. Theoretisch lässt sich das Boot auch mit dem Mund aufblasen – dabei kann man sich und seine Lunge allerdings ziemlich verausgaben.
Mit den vorhandenen Hilfsmitteln ist der Aufbau schnell erledigt: Das Nano wird einfach ausgerollt, anschließend am Heck per variablem Rollverschluss verschlossen und per Rückschlagventil aufgepumpt.
Der Rollverschluss ist eine clevere Besonderheit, denn bei Bedarf kann leichtes Gepäck in den Schläuchen verstaut werden. Eingepackt werden sollte allerdings nur, was nicht dringend benötigt wird, denn konstruktionsbedingt ist der Zugriff nur mit abgelassener Luft an Land möglich. Durch die variable Hecklänge ändern sich aber auch die Fahreigenschaften, denn durch eine längere Wasserlinie erhöht sich bekanntlich auch der Geradeauslauf eines Boots.

Aber um das zu erfahren, muss es erstmal aufs Wasser. Und das geht ziemlich leicht. Obwohl das Material recht dünn wirkt, trotzt es erfolgreich dichtem Gestrüpp und lässt sich sorglos ins Wasser setzen.
Uns wurden zwei Doppelpaddel-Varianten zur Verfügung gestellt: Das hier gezeigte, vierteilige Modell wiegt knapp über 1000 Gramm, hat relativ große Nylon-Paddelblätter und einen dicken Carbon-Schaft, der sich gut greifen lässt. Die Leichtbau-Variante aus Fiberglas und Nylon kam bei einem Micro-Adventure auf der Lahn zum Einsatz (siehe KANU 4/2022). Zugunsten des Gewichts (478 Gramm) ist es dünner, hat kleinere Blätter und leider keine Tropfringe, was für unnötig viel Wasser im Boot sorgt. Beide Paddel sind in der Länge und im Winkel einstellbar und funktionieren gut. Bei bewegtem Wasser hat sich die schwere Ausführung hervorgetan, für gemütliches Paddeln auf ruhigem Wasser tut es auch das Leichtgewicht.

Fahrverhalten

An Bord befindet sich ein optionales Sitzkissen, das nicht nur für Komfort, sondern auch für eine erhöhte Position und einen trockenen Hintern bei Spritzwasser sorgt. Alternativ kann man sich natürlich auch auf einen Packsack oder eine Isomatte setzen.
Die ersten Paddelschläge sind etwas ungelenk, denn ein kurzes, flaches Boot neigt naturgemäß dazu, mit jedem Zug die Richtung zu ändern. Gepäck und Beine müssen sich etwas arrangieren, die Sitzposition wird zurechtgerückt, dann läuft es – und zwar besser als gedacht. Klar, das Nano muss in der Spur gehalten werden, und der Bug bewegt sich bei kräftigem Paddeln hin und her, aber mit einer gleichmäßigen Paddeltechnik steht auch tagesfüllenden Etappen nichts im Wege. Bis zu fünf Stundenkilometer hat das GPS auf einem Kleinfluss mit minimaler Strömung aufgezeichnet. Dafür muss man sich zwar ins Zeug legen, aber es geht. Hört man auf zu paddeln, dreht sich das Packraft in den Wind, in die Strömung oder wohin es eben so will.

Auf einem größeren Fluss mit leichtem Hochwasser, Strömung und Wind wurde es zunehmend anspruchsvoll, das Boot stromaufwärts zu bewegen. Wer dann nicht entschlossen und sauber paddelt, sieht sich unweigerlich mit unfreiwilligen Kursänderungen konfrontiert. Aber wir reden hier ja schließlich nicht über ein Wanderkajak, und mit der beeindruckenden Summe seiner Eigenschaften übertrifft das Anfibio Nano die anfänglichen Erwartungen deutlich. Vor allem ist es robuster als gedacht und lässt sich leicht reparieren.
Bewusst machen muss man sich, dass in das offene Boot immer etwas Wasser tropft. Während einer längeren Ausfahrt sorgte ein Tarp für improvisierten Schutz. Für umfangreichere Unternehmungen, sei es mit mehr Gepäck oder auf anspruchsvolleren Gewässern, gibt es geeignetere Packrafts im Portfolio von Anfibio. Aber als die Luft nach den Probefahrten entweicht, ist eines klar: Das Potential und die Faszination solch eines Packrafts sind deutlich größer als das Boot selbst.

Technische Daten
Anfibio Nano RTC

Länge außen: 205 cm-230 cm (je nach Anwendung des Rollverschlusses)
Breite außen: 87 cm
Länge innen: 120 cm
Breite innen: 34 cm
Gewicht: 1050 g
Material: 210 den Nylon (einseitige, innenliegende PU-Beschichtung)
Schlauchdurchmesser: 26 cm
Packmaß: ca. 20 x 15 cm
Zuladung: 135 kg
Farbe: schwarz
Preis: 399,- Euro
Infos: www.packrafting-store.de, www.anfibio.com

Lieferumfang: Boot, Blasesack, Packriemen, Bedienungsanleitung, Schlauchmaterial (Reparatur), Sitz (optional)