Einzeltests

Prijon Munga

1982: Aus der Konkursmasse eines Surfbrettherstellers erwirbt Prijon eine zehn Meter hohe Blasformanlage und produziert erstmals ein Wildwasserkajak aus druckgeblasenem Polyethylen HTP. Der Taifun revolutioniert das Wildwasserfahren – endlich muss man nicht mehr die Hälfte der Urlaubszeit mit der Reparatur seiner Glasfaserkajaks verbringen. In kürzester Zeit befuhren wir mit Taifuns alle bekannten Etappen der damals unvorstellbar schweren Wildwasser Soca, Ötz, Inn, Reuss, Verzasca, Veneon, Rizzanese … Gleichzeitig wagten wir uns auf immer kleinere, steilere und steinigere Gewässer wie Schwarzbach, Egua, Restonica, Codi, Wehra etc.

Logisch, dass wir uns kürzere Boote wünschten. Aber erst als Eskimo die Produktion des Topolino zu Prijon verlagerte, war dieser stabil genug, um den Taifun auf rund 80 Prozent unserer Wildwasser zu ersetzen.

2019, über dreieinhalb Jahrzehnte später: Prijon bringt den Munga auf den Markt. Endlich ein Boot, das den Taifun nicht nur in einzelnen Aspekten, sondern in allen Eigenschaften deutlich übertrumpft. Seine Form ist kürzer, ohne jedoch in die plumpe, rundliche Knubbelform der auf Kleinflüsse spezialisierten Creeker zu verfallen. Eine Mischung aus Liquidlogic Gus und T-Canyon, mit einem Unterschiff, das sich klar am bewährten Curve anlehnt. Damit ist das Boot handlich und drehfreudig, spritzig und auch gut zu boofen.

Ein Nachteil dieser verkürzen Bauform wäre eigentlich, dass das Boot bei zunehmender Geschwindigkeit aus der Spur zieht – doch das lässt sich durch Herausklappen des Skegs komplett abstellen. Mit Skeg fährt der Munga bestens geradeaus, die Gierstabilität ist hervorragend.

Paddeln mit ausgeklapptem Skeg auf wuchtigem Wildwasser ist eine komplett neuartige Erfahrung. Relativ mühelos erreicht man deutlich höhere Geschwindigkeiten und kann damit ganz neue Routen wählen! Es revolutioniert das Fahrgefühl so grundlegend, wie der Topolino vor 40 Jahren oder die »Erfindung« des Flachbodens vor 20 Jahren. Und daher ist der Prijon Munga nicht irgendein neues Kajak auf dem Markt, sondern eine echte Innovation.

Der Munga im Faktencheck

• Natürlich ist er nicht so schnell laufend wie ein echtes, gekieltes Tourenboot. Aber für viele Ausflüge auf stehendem Wasser spielt es kaum eine Rolle, ob man für die 20 Kilometer-Etappe vier Stunden im Wildwasserkajak, drei im Munga oder zweieinhalb im fünf Meter langen Tourenkajak benötigt – spätestens beim Transport hat der Munga dann die Nase vorne, denn bei so manchem Pkw passt er sogar in den Innenraum.

• Verglichen mit manch anderem Crossover-Kajak wie Robson/Tahe Apex oder Liquidlogic Remix XP ist der Munga besser geeignet für Wildwasser aller Schwierigkeitsgrade – Höchstschwierigkeiten und Expeditionen inklusive.

• Verglichen mit vielen anderen schnellen Wildwasserbooten bin ich mir sicher, dass der Munga auf der Wellerbrücke die Nase vorne hat – sollte das Sickline-Rennen noch einmal aufgelegt werden und sollten dort dann Skegs zugelassen sein.

• Verglichen mit echten Creekbooten wie Pure oder Dagger Nomad ist der Munga etwas weniger für enge, winkelige Stufen ohne Unterwasser geeignet – auf »normalem« Wildwasser wie beispielsweise der Brandenberger Ache dürfte das aber nur für passiv paddelnde No-Brainer eine Rolle spielen. Ein erfahrener Kajaker gleicht diesen kleinen Nachteil durch die richtige Routenwahl aus.

• Bezüglich Lebensdauer wird der Munga-Paddler mit einer höheren Kilometerlaufleistung im Vergleich zu vielen rotierten Kajaks belohnt. Denn der Munga wird aus dem gleichen unverwüstlichen HTP-Material gefertigt wie einst der Taifun

• Die Ausführung des Skegs ist das robusteste, was ich in dieser Hinsicht bisher gesehen habe – und das will etwas heißen, denn ich kenne rund zwei Dutzend Ausführungen anderer Hersteller.

• Qualität »Made in Germany«: Prijon ist ein deutsches Familienunternehmen in der nun bald dritten Generation. Das bietet auch Sicherheit hinsichtlich einer eventuell irgendwann notwendigen Ersatzteilversorgung.

• Für den Restauftrieb ist das Heck wasserdicht abgeschottet. Dieser Stauraum ist über eine ovale Ladeluke zugänglich. Sie hat ein doppeltes Deckelsystem aus Neoprendeckel zur Abdichtung und tiefgezogenem Deckel zum Abschluss. Der Neoprendeckel hat einen dickeren Gummi, verglichen mit den normalen Neodeckeln der Seekajaks, und der tiefgezogene PE-Deckel wird über dicke Gummizüge bombenfest fixiert.

• Die wasserdichte Deckbox ist in neuer Ausführung fest mit dem Bootsrumpf verbunden.

• Ausgereifte, bewährte, vollwertige Wildwasser-Prallplatte. Bei frühen Modellen wies diese Prallplatte in der kurzen Einstellung für kleine Paddler einen Spalt auf. Darauf hat Prijon reagiert und ein Kit ausgearbeitet, das optional erhältlich ist. Dieses Kit kann auf die Prallplatte montiert werden, bietet dann eine deutlich größere Auflagefläche für die Füße und deckt den Spalt zwischen Prallplatte und Hülle ab.

• Ausgereifte Schenkelstützen, individuell anpassbar, je nachdem, ob man einfaches Ein- und Aussteigen wünscht oder perfekten Halt.

• Bequemer Rückengurt, mit Ratschen verstellbar. Moderner, angenehmer Sitz, den ich mir allerdings mit zwei Schaumplatten etwa fünf Zentimeter höher fitte, damit ich mehr Bewegungsfreiraum für die Arme und damit einen größeren Aktionsradius im Wildwasser habe.

• Empfohlenes Paddlergewicht laut Hersteller 60 bis 110 Kilogramm. Mein Vorschlag wäre allerdings, eine kleinere Variante als »Mungalino« für Paddler mit 50 bis 75 Kilo Gewicht auf den Markt zu bringen und das jetzige Modell mit 75 bis 130 Kilogramm zu positionieren.

Fazit

Der Munga hat ein enormes Einsatzspektrum, das er in vielen Aspekten optimal erfüllt. Der Crossover zwischen Wandern und Wildwasser ist mit dem Munga in einer echten Win-Win-Situation geglückt.

Technische Daten

Länge: 297 cm

Breite: 67 cm

Gewicht: 24 kg

Volumen: ca. 310 l

Cockpit: 86 x 51 cm

Zuladung: 115 kg

Empfohlenes Paddlergewicht: 60-110 kg

Preis: 1540,- Euro

Info: www.prijon.com